Wurde die Hoffnung auf ein Konjunkturprogramm, das auf eine sozial-ökologische Wirtschaft setzt, im Keim erstickt?

Zu Beginn dieses Monats hat die Bundesregierung ihr Konjunktur- und Zukunftspaket zur Bekämpfung der Corona-Folgen und Stärkung der Wirtschaft mit einem Umfang von 130 Milliarden Euro beschlossen.

Vielen Organisationen bewerten positiv, dass die Kaufzuschüsse für Autos mit reinen Verbrennungsmotoren keine Berücksichtigung im Konjunkturprogramm fanden, da steuergeldfinanzierte Investitionen in alte Technologien nicht nur ökologisch kontraproduktiv, sondern auch sozial ungerecht wären und vor allem große Konzerne unterstützen würden. Stattdessen werden wichtige Impulse für den Ausbau der Elektromobilität gesetzt. Weiterhin begrüßen wir die erneute Bekräftigung für den „unmittelbaren“ Wegfall des Photovoltaik-Deckels und die verstärkte Einbindung von Kommunen, um vor allem von der Windenergie profitieren zu können.

Auch auf die geplante Senkung der EEG-Umlage wird näher im Konjunkturprogramm eingegangen: „Die EEG-Umlage droht im Jahr 2021 aufgrund des corona-bedingten Rückgangs der Wirtschaftsleistung und des damit verbundenen Rückgangs des Börsenstrompreises stark anzusteigen, trotz der beginnenden Zuführung von Einnahmen aus dem nationalen Brennstoffemissionshandel. Um für mehr Verlässlichkeit bei den staatlichen Strompreisbestandteilen zu sorgen, wird ab 2021 zusätzlich zu diesen Einnahmen aus dem BEHG ein weiterer Zuschuss aus Haushaltsmitteln des Bundes zur schrittweisen verlässlichen Senkung der EEG-Umlage geleistet, sodass diese im Jahr 2021 bei 6,5 ct/kwh, im Jahr 2022 bei 6,0 ct/kwh liegen wird.“[1]

Im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie, die im Konjunkturprogramm erwähnt und bereits am 10. Juni mit Investitionen von rund 9 Milliarden Euro beschlossen wurde, wird angestrebt, die Produktion von grünem Wasserstoff von der EEG-Umlage zu befreien und somit eine Steigerung der EEG-Umlage zu vermeiden. Laut Hans-Josef Fell sei die finanzielle Unterstützung in die Wasserstoffelektrolyse zur Erzeugung von grünem Wasserstoff zu begrüßen, allerdings „wird in der Wasserstoffstrategie ausdrücklich auch einem Aufbau klimaschädlicher Wasserstoffproduktion aus Erdgas (blauer und türkiser Wasserstoff) als sogenannter Übergangstechnologie der Weg bereitet. Statt ausschließlich auf grünen Wasserstoff zu setzen, der als Power-to-Gas-Technologie insbesondere in dezentralen Anwendungen die Sektorenkopplung auf dem Weg zu 100% Erneuerbaren Energien unterstützen kann, setzt die Bundesregierung im Wesentlichen auf große Anlagen, so beispielsweise Wasserstoffproduktion aus Offshore-Windkraft.“[2]

Auch wenn das Konjunkturprogramm positive Maßnahmen zum Klimaschutz unterstützt, macht die Bundesregierung nicht nur unzureichende Versprechungen zum dringend notwendigen Ausbau erneuerbarer Energien, sondern vernachlässigt auch die Bedeutung bürgerlicher Investitionen. Für einen sozial-ökologischen Wirtschaftsplan müssen bestehende Hürden für dezentrale Energielösungen reduziert werden und innovative Modelle, wie Mieterstrommodelle und Energy Sharing, unterstützt werden. Dafür muss dringend die europäische Erneuerbare-Energien-Richtlinie (Renewable Energy Directive) II zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Stärkung der Rechte von Bürgerenergiegesellschaften ambitioniert in nationales Recht umgesetzt werden.

Strom aus erneuerbaren Energien (EE) wird häufig dezentral produziert und fast immer über einen zentralen Strommarkt vermarket. Dezentral erzeugten Strom auch dezentral zu verbrauchen, ist bislang energiewirtschaftlich nahezu unmöglich. Einzig natürliche oder juristische Personen, die Stromerzeugungsanlagen selbst betreiben, können den erzeugten Strom unter bestimmten Bedingungen selbst dezentral verbrauchen. Auch der Mieterstrom kann aufgrund bürokratischer Hürden die Potenziale nicht ausschöpfen. Eine gemeinsame Nutzung und Optimierung (innerhalb der Nachbarschaft oder eines lokalen Energiemarktes) der regionalen, erneuerbaren und nachfragegerechten Stromerzeugung wird nicht angereizt. Dies würde durch die Erneuerbare Energierichtlinie RED II ermöglicht.

Dieses Impulspapier von Energy Brainpool (in Auftrag gegeben von Bündnis Bürgerenergie) zeigt eine Möglichkeit auf, wie das Konzept Energy Sharing in die heutige energiewirtschaftliche Regulatorik in Deutschland eingebettet werden kann und energy sharing und damit eine schnelle, gerechte und bürgernahe Energiewende ermöglicht.


[1] Wasserstoffstrategie und Konjunkturpaket – https://hans-josef-fell.de/wasserstoffstrategie-und-konjunkturpaket-ein-fortschritt-im-klimaschutz-von-union-spd/

[2] Eckpunkte des Konjunkturpakets – https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Konjunkturpaket/2020-06-03-eckpunktepapier.pdf?__blob=publicationFile&v=9


Bild: Colin BehrensPixabay